Verein zur Förderung des Ägyptischen Museums e.V.

Zum vorherigen Artikel
118.  von  163  Artikeln
Zum nächsten Artikel

Berichte chronologisch

Nov 2020: Objekte: Kunstwerk des Monats
Der ägyptische Gott Chnum als König der Götter (Bronzestatuette Berlin ÄM 13123)

Sie alle erkennen schnell eine Statue Pharaos: Der altägyptische Herrscher trägt als Kopfbedeckung eine der Landeskronen, das sog. Nemes-Kopftuch oder eine blaue Kappe, sein Kinn wird von einem (angehängten) Bart geschmückt und er hält die königlichen Insignien in den Händen. Vorne an der Stirn wacht der aufgerichtete 'Uräus', die königliche Kobra über den Schutz Pharaos.

Was ist jedoch nun, wenn jemand ganz anderes solche Attribute trägt? Beispielsweise die kleine Bronzestatuette ÄM 13123, die das 'Objekt des Monats' im November 2020 darstellt: Ein Mann mit Widderkopf, dazu der Uräus und die Insignien. Die Darstellung eines Pharaos wird das sicherlich nicht sein - aber wer ist dann dargestellt? Und warum in dieser Form? Jenen Fragen wollen wir in diesem kurzen Beitrag nachgehen.

Vor uns haben wir eine kleine Statuette aus Bronze, 17,6 cm hoch und 5,6 cm breit. Sie wurde bereits 1894 aus dem Vermächtnis des Architekten Rudolf Springer dem Ägyptischen Museum Berlin übereignet. Ihre Herkunft ist leider nicht dokumentiert, sie kann aber in die ägyptische Spätzeit datiert werden, ins 7. bis 4. Jahrhundert vor Chr.

Dargestellt ist eine schlanke, männliche und menschliche Gestalt, die in Schreithaltung mit vorangesetztem linkem Fuß auf einer rechteckigen Basis steht. Bekleidet ist sie nur mit dem sog. 'Schendit'-Schurz. Ihr linker Arm ist angewinkelt, die Hand hält den am Oberarm anliegenden königlichen Fliegenwedel. Der rechte Arm wird mit geballter Faust nach vorne ausgestreckt. Einst hielt die Hand etwas, was heute verloren ist. Der Kopf ist der eines Widders mit Mähne. Zusätzlich trägt er noch um die Ohren herum gebogene Hörner, zu diesen unten mehr. Der Kopf mit einer langen Perücke bedeckt, die typisch für Götter ist. Und an der Stirn ragt die aufgerichtete Kobra (der Uräus) empor. Inschriften sind leider nicht vorhanden, aber wir können noch winzige Spuren einer einstigen Vergoldung feststellen. Die Statuette muss also früher recht prächtig ausgesehen haben und war keine billige 'Massenware'.

Die Ikonographie der Statuette macht prinzipiell klar, dass hier der ägyptische Gott Chnum dargestellt ist. Dieser hatte eines seiner bedeutendsten Heiligtümer auf der Nilinsel Elephantine an der Südgrenze Ägyptens, wurde aber im ganzen Land verehrt. Dargestellt wurde Chnum als Widder oder als Mann mit Widderkopf - wie in der hier vorgestellten Statue.

Kleidung, Insignien und der Uräus verweisen auf einen König. Aber Chnum ist doch ein Gott und kein König - oder?

Chnum wurde in erster Linie als Schöpfergott verehrt, der Menschen und Götter auf seiner Töpferscheibe formt. Im Laufe der Zeit wurde er mit verschiedenen anderen Göttern verbunden, und in der Spätzeit gibt es sogar sieben 'Chnum-Götter' als Abkömmlinge des 'Ur-Chnum'. Unter anderem wurde Chnum nun aber auch mit dem im Neuen Reich zum Reichsgott avancierten 'Amun-Re-König-der-Götter' verbunden. Dies geschah allerdings fast nur im Süden des Landes, nämlich im großräumigen Gebiet von Elephantine. Charakteristisch für eine Verbindung von Chnum und Amun ist ein Widderkopf mit den geraden Hörnern auf dem Kopf und den gebogenen Amuns-Hörnern um die Ohren herum. Und genau das sehen wir vor uns: Die auf dem Kopf sitzenden geraden Hörner zwar sind abgebrochen, wie die Bruchstelle oben auf dem Kopf zeigt, aber die Amunshörner an den Ohren - die bei einer 'normalen' Chnumdarstellung nicht vorhanden sind - kann man deutlich erkennen.

Und so haben wir in der Berliner Statuette nicht nur eine Darstellung des Chnum, sondern vermutlich des Chnum-Amun-Re vor uns - als Vereinigung von Schöpfergott und Götterkönig eine wahrhaft wirkmächtige Form! Zusätzlich spricht für diese Interpretation auch die nach vorne ausgestreckte Hand des Gottes. Schaut man genau hin, kann man erkennen, dass der Gott hier einst etwas gehalten hat. Zu den königlichen Insignien gehört neben dem Wedel nun auch das Zepter. Wir vermuten also, dass unser kleiner Bronze-Chnum dieses einst in der rechten Hand hielt und es irgendwann abgebrochen ist. Und ein Epitheton (Beiwort) des Chnum-(Amun-)Re ist eben 'derjenige, der das Zepter ergreift'.

Diese kleine Untersuchung unseres Objektes des Monats hat nun Folgendes erbracht: ÄM 13123 ist eine Statuette des Chnum-Amun-Re als König der Götter, die vermutlich in Elephantine in den dortigen Chnum-Tempel gestiftet wurde, um dem namenlosen Spender das Wohlwollen des Gottes zu sichern.



PD Dr. Jan Moje

Zum vorherigen Artikel
118.  von  163  Artikeln
Zum nächsten Artikel

Überblick

Sie benutzen als Browser claudebot Ihr Browser läßt sich leider nicht genauer ermitteln. | Textversion  | Hinweise zur Barrierefreiheit | Produziert von: RexPublica
Bitte beachten Sie die Hinweise zur Webanalyse