Berlin | Im Licht von Amarna |
Berlin | Königsstadt Naga |
Berlin | Augen-Blicke. Von der Augeneinlage zum Kunstauge |
Fünfzehn Jahre hat das Team des Ägyptischen Museum Berlin in der Wüste des Sudan gegraben und restauriert. In den Tempelruinen von Naga, einer 2000 Jahre alten Königsstadt des Reiches von Meroë, sind zahlreiche teils monumentale Königs- und Götterstatuen, Löwenskulpturen, Reliefs und Inschriften ausgegraben worden. Die vom Sudan bereitgestellten 130 Leihgaben kommen direkt aus der Grabung in die Ausstellung.
Die Ausstellung erweitert in diesen Kunstwerken den Begriff der Antike über Ägypten hinaus in die Kulturen Afrikas. Neben völlig neuen Einsichten in die Geschichte und Kunst des Altertums leistet die Ausstellung einen Beitrag zur kulturellen und historischen Identität des Sudan und wird damit zu einem Faktor des Dialogs mit Afrika und der arabischen Welt.
Das Auge - Sinnesorgan, Ausdruck der Persönlichkeit, Spiegel der Seele - hat die Menschen seit Anbeginn ihrer Geschichte fasziniert. Die Herstellung künstlicher Augen reicht bis in die Anfänge der ersten Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien zurück. Die aus verschiedenen Materialien gefertigten und oft akribisch genau gestalteten Augeneinlagen verliehen den Statuen ein realistisches Aussehen und gleichzeitig auch die Fähigkeit, Umwelt und Licht wahrzunehmen. Dadurch gewann das Auge in Ägypten eine unmittelbare Beziehung zum Sonnengott Re und war wichtigstes Bindeglied zwischen Gott und Menschen. Ebenso stand den Verstorbenen in der jenseitigen Welt diese Verbindung durch die in die Mumienkartonage eingelegten und auf die Särge gemalten Augen offen.
Auch wenn in der heutigen Zeit die religiösen Deutungen häufig in Vergessenheit geraten sind, so bleiben die Augen doch immer noch ein wichtiger und sehr präsenter Teil der menschlichen Persönlichkeit. Einmal verletzt oder auch verloren, können sie nicht nachwachsen und verändern somit das Erscheinungsbild eines Menschen. Die Faszination der Lebendigkeit, die Augen einem Gesicht verleihen, war ausschlaggebend für die Weiterentwicklung von eigens für den Kunstkontext geschaffenen Augeneinlagen hin zu den dem Menschen dienenden Augenprothesen. Diese können aber noch nicht für die Antike eindeutig nachgewiesen werden, auch wenn durchaus Experimente auf diesem Gebiet wahrscheinlich sind. Erste sichere Belege für Augenprothesen sind aus dem 16. Jahrhundert aus Frankreich bekannt, wobei - vergleichbar den antiken Statuen - unterschiedliche Materialien erprobt wurden, bis man Glas als vollkommenen Werkstoff entdeckte. Die moderne Augenprothetik wurde dann im frühen 19. Jahrhundert im thüringischen Lauscha begründet. Der Glasbläser Ludwig Müller-Uri verbesserte die aus Paris stammenden Glasaugen und seine Söhne perfektionierten die Kunstaugen zu wahren Meisterwerken, die bis heute allen materialtechnischen, gestalterischen und medizinischen Anforderungen gerecht werden.
Die Kabinettausstellung, die das Ägyptische Museum gemeinsam mit dem Glasmuseum Lauscha realisiert, schlägt den Bogen von vergangen Kulturen zu modernen Zeiten und vermittelt nicht nur die Entwicklung und Herstellungstechnik künstlicher Augen, sondern auch deren Vielfalt und Faszination.
Sie finden die Ausstellung in Raum 0.04 im Untergeschoss (Ebene 0). Besonders attraktiven Augeneinlagen begegnen Ihnen bei der Mumienauflage des Hor in Raum 0.11 (Ebene 0) sowie im Statuenköpfchen der Königin Teje in Raum 2.09 und bei der berühmten Nofretete-Büste in Raum 2.10 (Ebene 2).