Mit dem Wechsel in der Leitung des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin geht eine Ära zu Ende, in der die Überwindung der Folgen des Zweiten Weltkriegs im Mittelpunkt der Arbeit stand. Die Zusammenführung der getrennten Teile der Sammlung, der Wiederaufbau des Neuen Museums, die Entwicklung eines neuen Ausstellungs- und Präsentationskonzepts und die Planung der Magazine und Werkstätten stehen vor dem Abschluss.
Der 16. Oktober 2009 als Tag der Wiedereröffnung des Neuen Museums ist jedoch weniger ein Endpunkt als vielmehr der Beginn eines neuen Abschnitts der Museumsgeschichte. Endlich sind die Voraussetzungen geschaffen, die wissenschaftliche Bearbeitung und Veröffentlichung der Sammlungsbestände zu planen und in Angriff zu nehmen. Wie unbefriedigend die Erschließung der Berliner Bestände ist, lässt sich leicht daran erkennen, dass die Berliner Sammlung in der internationalen Forschung viel weniger Berücksichtigung findet als die anderen großen Museen. Die archäologische, philologische und kunsthistorische Forschung hat am Berliner Ägyptischen Museum einen Rückstand von rund einem Jahrhundert aufzuholen.
Friederike Seyfried bringt als neue Direktorin des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung gute Voraussetzungen für diese Langzeitaufgabe mit. Als Leiterin des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig hat sie den Umzug von der Schillerstraße in die Interimsräume in der Burgstraße souverän bewältigt und alle Vorbereitungen für die Präsentation und Infrastruktur des Museums im Kroch-Hochhaus abgeschlossen. Gestählt durch die Erfahrungen mit der Universitätsbürokratie wird sie sich von den Ritualen der Staatlichen Museen zu Berlin nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mit ihren Ausstellungen - oft in Zusammenarbeit mit Berlin und München - bewies sie ihre Fähigkeit, wissenschaftliche Professionalität mit Besucherorientierung zu verbinden. Durch ihre grundlegenden Forschungsarbeiten zu den thebanischen Gräbern hat sie ihre Qualifikation als Ägyptologin eindrucksvoll demonstriert. Auch durch ihren ägyptologischen Ehemann ist sie in die Feldforschung in Ägypten eingebunden und genießt das Vertrauen der Altertümerverwaltung in Kairo. Ihre Lehrtätigkeit an der Hochschule wird sie zur Zusammenarbeit mit den Berliner Universitäten nutzen.
So kommt der Wechsel in der Leitung der Berliner Sammlung zu einem guten Zeitpunkt. Der Neubeginn im Neuen Museum findet seine Fortsetzung in einem Paradigmenwechsel, der das Museum nicht nur einem Millionenpublikum erschließt, sondern es auch wieder in den Kreis der großen Forschungsinstitutionen der Ägyptologie zurückführt.
Sylvia Schoske München, Dietrich Wildung Berlin
(Artikel der Mitgliederzeitschrift aMun)